Voller Unverständnis reagieren die Naturschutzverbände im Kreis Olpe auf die Ablehnung einer Biologischen Station durch die Fraktion der CDU im Kreistag.
Die Ablehnung durch die Mehrheitsfraktion erfolgte ohne jede erkennbare sachliche Begründung, Der CDU-Fraktionsvorsitzende wiederholte mehrfach: „Wir sind eben dagegen und werden das auch
immer sein". Die wiederholte Bitte um eine Begründung wurde ausgesessen. Damit bleibt der Kreis Olpe weiterhin der einzige Kreis in NRW ohne eine Biologische Station. Dies ist ein
heftiger Schlag ins Gesicht zahlreicher Personen, die das Konzept entwickelt haben. Denn im Unterschied zur ersten Beantragung einer Biostation vor 21 Jahren waren diesmal zahlreiche Fachleute
und Gruppen beteiligt: Die Vertreter der Naturschutzverbände, der landwirtschaftlichen Verbände und der Landwirtschaftskammer, der Forstwirtschaft und der Verwaltung bis hin zur
Verwaltungsspitze. Den Abgeordneten lagen als Entscheidungsgrundlage eine umfassende Begründungsvorlage, dazu das Konzept für die Biostation sowie der Entwurf einer Trägervereinssatzung vor (hier
öffentlich zugänglich: www.nabu-olpe.de/biostation).
Zum Konzept einer Biostation gehören zwei Anhänge, die die fachlichen Grundlagen für das Konzept ausführlich darlegen. In einem Anhang wird der „Stand von Natur und Landschaft im Kreis Olpe“
aufgezeigt und es werden die Veränderungen der letzten Jahre sowie die zu erwartenden zukünftigen Veränderungen beschrieben. Darauf aufbauend wird dargelegt, mit welchen Aktivitäten eine
Biologische Station den vielfältigen unerwünschten Veränderungen, bedingt durch Klimawandel, Nutzungsaufgabe, Ausbreitung unerwünschter Arten etc., entgegenwirken kann. Im zweiten Anhang,
„Landwirtschaftlicher Fachbeitrag zur Neugründung einer Biologischen Station im Kreis Olpe“, zeigen die Fachleute der Landwirtschaftskammer die Situation der Landwirtschaft im Kreis Olpe auf und
machen deutlich, welche Vorteile eine Biostation bringen kann.
Wer kennt allein die 80 Pflanzenarten, für die der Kreis Olpe eine besondere Verantwortung trägt?
2009 wurde im Umwelt- und Strukturausschuss des Kreises Olpe einstimmig beschlossen „möglichst keine Art mehr zu verlieren, soweit deren Fortbestand im Kreisgebiet maßgeblich durch das
Handeln lokaler Akteure gesichert werden könnte“ (Anl. zur Beschlussvorlage 122-2009). Dieser Beschluss wurde jedoch nie ernst genommen: Was man nicht kennt, kann man nicht schützen. Es
fehlt fast jede Form von Zustandskontrolle (Monitoring) für seltene Arten und Lebensräume. Dabei gibt es allein 80 Pflanzenarten im Kreisgebiet, die hier, landesweit oder auch bundesweit so
selten sind, dass der Kreis Olpe eine besondere Verantwortung für ihre Erhaltung hat. Auch ein landesweit wirksames Instrument gegen den Artenschwund, der Vertragsnaturschutz (finanziell
geförderte, freiwillige Kooperation interessierter Landwirte mit dem Naturschutz), findet ebenso wie das Monitoring im Kreis Olpe kaum statt, denn beides sind klassische Aufgaben einer
Biologischen Station, die eine Untere Naturschutz-behörde bei gängiger Besetzung nicht leisten kann.
Finanzielles – lieber 4 Euro ablehnen als 1 Euro zahlen
Der Kreis Olpe verschenkt durch die Ablehnung einer Biostation weiterhin jährlich hohe Förderbeträge. Wäre eine Biostation in 2002 eingerichtet worden, so wären – zurückhaltend
gerechnet – für Aufbau und Unterhaltung bereits etwa anderthalb Mio. in den Kreis geflossen, denn jede Station im Land muss sich nur zu 20 % selbstfinanzieren, 80 % werden von Land
getragen.
Die jetzt abgelehnte Vorlage der Kreisverwaltung bedeutete bei einem Eigenanteil des Kreises von 80.000 €/a (+ 40.000 Gebäudekosten = 120.000€/a) folglich einen Landeszuschuss von 320.000€/a, der
unmittelbar Natur und Landschaft und den beteiligten Landwirten gedient hätte. Die CDU-Fraktion hat sich also entschieden, 4 € Einnahmen gegen 1 € Ausgaben abzuschlagen. Ganz NRW kann
sich freuen: Der Kreis Olpe wird weiterhin mit den Steuergeldern seiner Bürger die BioStationen aller anderer Kreise unterstützen, ohne sich selbst einen eigenen Förderbetrag
zurückzuholen. Auch auf Vertragsnaturschutz-Fördergelder an die Landwirte wird ohne BioStation verzichtet: Die Abstimmungsvorlage vom 11.12.23 geht von mindestens 383.000€/a,
wahrscheinlich erheblich mehr aus. Welche Interessen kann die CDU-Fraktion haben, den Landwirten im Kreis diese Gelder vorzuenthalten? Sind es Eigeninteressen Einzelner? Welche Gründe
kann es geben, diese über die Interessen Vieler zu stellen?
CDU – Stimme der Landwirtschaft?
Bei einer Sitzung im Landwirtschaftlichen Kreisverbandsausschuss im Februar 2023 wurde angestimmt, wer sich bei der Einrichtung einer BioStation am Vertragsnaturschutz etc. beteiligen würde. Das
Ergebnis: 16 Stimmen dafür, 5 Stimmen dagegen, 4 Enthaltungen.
Und der landwirtschaftliche Fachbeitrag, Anhang zum Konzept der BioStation und damit Teil der Sitzungsvorlage (s.o.), mündet in dem Satz: „Die Gründung einer Biologischen Station wird seitens der
Kreisstelle Olpe der Landwirtschaftskammer NRW begrüßt.“
Die CDU-Fraktion kann sich vor diesem Hintergrund nicht als Stimme der gesamten Landwirtschaft darstellen. Sie ist es definitiv NICHT.
Die Perspektive: eine BioStation OHNE Kreistagsbeschluss
Die Fördergelder des Landes für BioStationen sind nicht daran geknüpft, dass eine Station vom Kreistag beschlossen wurde. Auch verbandsgetragene Stationen im Land NRW – etwa jede fünfte –
erhalten 80 % Landesförderung. Diese Stationen arbeiten selbstverständlich fachlich mit ihrer Unteren Naturschutzbehörden und auch mit der Landwirtschaftskammer zusammen, sind jedoch in keiner
Weise an die Kreispolitik gebunden.
Die Naturschutzverbände im Kreis Olpe werden nun prüfen, wie der Weg zu einer verbandsgetragenen BioStation verlaufen kann. Vorbilder gibt es genügend (z. B. Biologische Station Soest oder
NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.).
Bis dahin gilt: Wenn Arten und Lebensräume im Kreis nicht durch den freiwilligen Vertrags-naturschutz, betreut durch eine BioStation, gefördert werden können, dann gewinnen die gesetzlichen
Möglichkeiten an Bedeutung. Der Vertragsnaturschutz wird immer wieder als Alternative zur Ausweisung von Naturschutzgebieten angesehen und in vielen Kreisen auch so praktiziert. Wenn er im Kreis
Olpe nicht ausgebaut werden kann, so wird die Ausweisung von Naturschutzgebieten an Bedeutung gewinnen und zunehmen müssen, will man den gesetzlichen Verpflichtungen zur Erhaltung der
Biodiversität nachkommen.