Bereits im Vorfeld hatte es Streit um die Sondersitzung gegeben, zu der am Mittwoch die Mitglieder des Beirats bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) im Olper Kreishaus zusammenkamen. Anlass
und Hauptthema: der Ausstieg des Kreises aus den Planungen für eine Biologische Station. Wie berichtet, hatte der Kreistag durch Mehrheit der CDU und unterstützt von UWG und AfD die
Beschlussvorlage der Kreisverwaltung trotz intensiver Bemühungen von Landrat Theo Melcher und Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum abgelehnt und damit verhindert, dass unter Führung des Kreises ein
Trägerverein für eine solche Biologische Station gegründet wird. Das hatte im Vorfeld insbesondere Vertreter der Landwirtschaft aufgebracht, weil sie Franz-Josef Göddecke vorwarfen, seine Ämter
als Vorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) im Kreis Olpe mit dem des Beiratsvorsitzenden zu verquicken.
Antonius Klein von der Unteren Naturschutzbehörde machte klar: „Die Mitglieder haben ein freies Mandat, sie erfüllen hier keine Weisung ihrer Verbände.“ Die Einberufung durch mehr als die Hälfte
der Mitglieder sei „ungewöhnlich, aber absolut im rechtlichen Rahmen“, am Zustandekommen der Sitzung also nichts auszusetzen.
Göddecke plädierte noch einmal für eine Biologische Station, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten könne, die im Kreis Olpe zahlreichen Grenzertrags-Standorte kostendeckend bewirtschaften zu
können, was oft nur durch Vertragsnaturschutz möglich sei. Weiterhin könne eine Station Aufgaben erledigen, die ansonsten die Untere Naturschutzbehörde ausführen müsse, derzeit aber gar nicht
könne, was nichts anderes bedeute als dass der Kreis mehr Personal einstellen müsse. „Es gibt hier 80 Pflanzen, für die der Kreis besondere Verantwortung hat. In Schutzgebieten kann man nicht
einfach alles lassen, wie es ist – da sind Pflegemaßnahmen nötig.“
Michael Richard vom Landwirtschaftlichen Kreisverband betonte, er vertrete hier nicht seine Meinung, sondern die seines Verbandes. „Wir haben keine Biostation vermisst und auch keine verlangt“,
auch wenn die Arbeit im vorbereitenden Gremium in der Tat konstruktiv gewesen sei. Doch glaube er nicht an den Sinn einer solchen Station, was er an einem Beispiel festmachte: „Wir brauchen keine
Wolfsberater, sondern Leute, die Pöhle für den Zaun in den Boden rammen, wenn es soweit ist.“ Stefan Hren von der Kreisjägerschaft: „Wir sind für Umweltschutz und Umweltbildung, aber wehren uns
gegen Einrichtung einer Biostation, die die Jägerschaft nicht unterstützt.“ Das sorgte für Verblüffung bei Antonius Klein: Die Jäger hätten frühzeitig Interesse an einer Beteiligung signalisiert,
sodass im ersten Satzungsentwurf auch Sitz und Stimme für die Jägerschaft im Trägerverein vorgesehen gewesen sei. Nur weil sich Landwirte und Waldbauern dagegen ausgesprochen hätten, sei dies
geändert worden.
Gerhard Hüttemann vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) betonte, die Kreisgruppen der Umweltschützer seien nicht für Beschlüsse aus Berlin verantwortlich. Er regte an, eine
größere Veranstaltung mit externen Referenten zu organisieren, um den Kritikern klarzumachen, welche Bedeutung eine Biologische Station auch für Land- und Forstwirte haben würde. Roswitha
Kirsch-Stracke vom Kreisheimatbund ergänzte: „Bekassine und Braunkehlchen können sich nicht zusammensetzen und beschließen, etwas für ihren Lebensraum zu tun. Das müssen wir machen.“
Antonius Klein ergänzte aus fachlicher Warte, es sei Tatsache, dass in jüngerer Zeit Arten aus dem Kreis verschwunden seien. „Dass der Kiebitz im Kreis Olpe ausgestorben ist, muss man einfach zur
Kenntnis nehmen. Da haben wir alle zusammen versagt. Braunkehlchen und Wiesenpieper: Die Bestände brechen ein, da kann es dann sein, dass das Naturschutzgesetz kommt und bestimmte Arten der
landwirtschaftlichen Nutzung verbietet.“ So etwas könne durch fachliche Beratung einer Biologischen Station verhindert werden.
Peter Niklas vom Kreissportbund brachte einen anderen Aspekt ein: Als Ortsvorsteher und Lehrer wisse er: „Gerade der Aspekt der Umweltbildung ist eine große Chance, wenn man eine fachkundige
Institution hat, die man ansprechen könnte. Das fehlt im gesamten Kreis Olpe in der Jugendarbeit. Fördermittel sind kein Grund für so etwas, aber wenn bei der Einrichtung 80 Prozent gefördert
werden – wenn es Brathähnchen regnet, muss man den Mund aufmachen.“ Er regte an, am Kreistag vorbeizuarbeiten und beispielsweise mit LEADER-Fördermitteln zu arbeiten.
Michael Bieke für die Forstwirte und Michael Richard für die Landwirte machten klar, dass für sie der Kreistagsbeschluss die Diskussion beendet habe. Stellv. Beiratsmitglied Fritz Klocke wunderte
sich: „Ich bin mit sehr geringen Erwartungen hierhergefahren, aber ich hatte gehofft, zu erfahren, warum die Politik diese Entscheidung so getroffen hat. Diese Frage muss doch an die allererste
Stelle, warum die Politik hier nicht will, was alle anderen Kreise haben. Das enttäuscht mich zutiefst.“ Und auch Dieter Heide (BUND) stimmte in diese Kritik ein und spielte deutlich auf die CDU
an: „Es kann doch nicht sein, dass der Kreis Olpe der einzige mit einer christlich-demolierten Umwelt wird, die den Kindern hinterlassen wird.“
Nach einer von den Umweltschützern erbetenen Unterbrechung formulierte Roswitha Kirsch-Stracke einen Antrag, demzufolge der Beirat den Punkt „Biologische Station“ nochmal auf die Tagesordnung
nehmen soll, und zwar so, dass „zu fachlichen und finanziellen Auswirkungen gerade auch auf Land- und Forstwirtschaft Erfahrungen anderer Biostationen“ vorgestellt werden. Mit deutlicher Mehrheit
von acht zu vier Stimmen bei einer Enthaltung wurde dies angenommen.
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Für den Kiebitz ist es schon zu spät - Jörg Winkel
Was kein Bauer mag, ist der pensionierte Oberstudienrat mit Ehrenamt im Naturschutzverein, der mit erhobenem Zeigefinger den Güllewagen im Blick hat und dem Bauern klarmachen will, dass er da
gerade Umweltfrevel betreibt. Und was der engagierte Naturschützer fürchtet, ist der vorsintflutliche Landwirt, der auf neue Erkenntnisse pfeift und alles so macht, wie es immer gemacht wurde.
Beide Sorten von Feindbildern gibt es auch im wahren Leben, und beide sorgen dafür, dass die jeweils andere Seite so unterschiedliche Einstellungen zu einer Biologischen Station hat.
Im Kreis Olpe war eine Station in Vorbereitung, in der beide Seiten, Nutzer wie Schützer, auf Augenhöhe einander gegenübersitzen und fachlich moderiert zu Ergebnissen gekommen wären, die
letztlich allen nützen. Dass die Ablehnung nach dem so hoffnungsvollen Start letztlich darauf fußt, dass die CDU-Kreistagsfraktion sich ihre Meinung bei drei Landwirten aus eigenen Reihen statt
bei der Fachbehörde holt, ist äußerst schade und einseitig.
Ich hoffe, die Initiatoren lassen nicht nach und sorgen – notfalls am Kreistag vorbei – dafür, dass zwischen dem Kreis Olpe und allen anderen Kreisen im Land Gleichstand besteht. Denn das
Artensterben ist bereits Realität und für den Kiebitz kommt jede Hilfe zu spät.
Naturschützer schmieden „Plan B“
Nach Ablehnung durch den Kreistag: Kommt Bio-Station ohne Kreis-Beteiligung?
Kreis Olpe. Es war ein Schlag ins Kontor für die Naturschutzverbände
im Kreis Olpe, als am Montag von einer satten Kreistags-Mehrheit die Pläne zur Gründung einer Biologischen Station sang- und klanglos zu Altpapier erklärt wurden. Über ein Jahr harter Arbeit,
verbunden mit unzähligen Gesprächen, Konferenzen und Sitzungen, war damit vergebens – und, wie die Vertreter von Naturschutzbund (NABU), Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND)
sowie Kreisheimatbund betonen, allesamt Gespräche, bei denen die Naturschutzverbände nicht unter sich waren: Von Anfang an seien Landrat und Kreisdirektor mit involviert gewesen, die
Kreisverwaltung hatte nach zuvor jahrelanger Ablehnung auch klar kommuniziert, dass sie die Einrichtung einer Biologischen Station inzwischen begrüße. Auch die Landwirte waren mit am Tisch, und
das grundlegende Papier, das zur Gründung eines Trägervereins hätte führen sollen, trug unter anderem auch die Handschrift der Landwirtschaftskammer, die energisch für die Einrichtung einer
solchen Station plädiert. Verliererin der ganzen Angelegenheit, so das Fazit eines online geführten Gesprächs mit unserer Redaktion, seien die Natur und die biologische Vielfalt im Kreis Olpe:
Eine Biologische Station sei das Mittel zum Zweck gewesen, um mit Fachkompetenz im Austausch mit den Landwirten dafür zu sorgen, dass die biologische Vielfalt mit der Nutzung der Landschaft
einhergehen könne, und zwar einfacher und besser, als dies über Vorschriften oder Gesetze geregelt werden könne.
Mehr Einnahmen als Ausgaben Die Naturschützer sind immer noch erschüttert, dass eine sachliche Begründung der Ablehnung ausfiel. Das öffentlich abrufbare Konzept sei von der CDU-Fraktion offenbar
nicht zur Kenntnis genommen worden, denn die beiden Anhänge mit den fachlichen Grundlagen sprächen eine mehr als deutliche Sprache über den Sinn und Zweck einer solchen Biologischen Station und
träten auch den Beweis an, dass die aufzuwendenden Mittel mehr als sinnvoll eingesetzt würden – abgesehen von der Tatsache, dass durch Zuschüsse, die nur die Biologische Station einwerben könne,
deutlich mehr Geld hereinkomme als ausgegeben werden müsste.
Der Kreis, so die eindeutige Meinung von Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, Dario Wolbeck, Dr. Matthias Klein, Gerhard Hüttemann und Franz-Josef Göddecke, wäre großer Nutznießer einer Biologischen
Station gewesen. Die Untere Naturschutzbehörde hätte zahlreiche Leistungen durch die Biologische Station erbringen lassen können, die nun weiterhin vom Kreis selbst erbracht werden müssten –
Tendenz zunehmend. Die Beratung und Umweltbildung, die eine solche Station erledigen könnte, sei vom Kreis gar nicht leistbar. Allein die Tatsache, dass alle anderen Kreise in
Nordrhein-Westfalen, und das zum Teil seit Jahrzehnten, mit Biologischen Stationen ausgestattet seien, und zwar ausdrücklich auch alle CDU-geführten Kreise, sei wohl ein klares Beispiel dafür,
dass die Olper Kreistags-Mehrheit mit ihrer Ablehnung falsch liege. Die Naturschutzverbände sehen sich nun gezwungen, einen mühsamen Weg einzuschlagen: Die Gründung einer Biologischen Station
ohne Kreistags-Unterstützung. Wie Roswitha Kirsch-Stracke ausführte, sind rund 20 Prozent der Stationen im Land so aufgestellt, und auch diese Biologischen Stationen arbeiteten fachlich mit der
jeweiligen Unteren Naturschutzbehörde (Kreisverwaltung) und der jeweiligen Landwirtschaftskammer zusammen, seien aber in keiner Weise an die Kreispolitik gebunden. Die Stationen Soest und
Münsterland würden nun als Vorbilder genutzt, um zu versuchen, eine Biologische Station ins Leben zu rufen, die auf die Unterstützung des Kreistags verzichten kann. „Bis dahin gilt: Wenn Arten
und Lebensräume im Kreis nicht durch den freiwilligen Vertragsnaturschutz, betreut durch eine Bio-Station, gefördert werden können, dann gewinnen die gesetzlichen Möglichkeiten Bedeutung“, so die
Verbände in einem Schreiben, das im Nachgang der Kreistagssitzung zusammengestellt wurde.
Auf einen Punkt legt Dr. Roswitha Kirsch-Stracke großen Wert: Sie war in der Sitzung des zuständigen Fachausschusses des Kreises von CDU-Fraktionschef Wolfgang Hesse kritisiert worden, weil sie
als ehemalige Vorsitzende des Kreisheimatbundes ihre Privatsache habe durchsetzen wollen. Die in Hannover an der Leibniz-Universität lehrende, aus Wenden stammende und dort weiterhin verwurzelte
Wissenschaftlerin betont, dass sie als Vorstandsmitglied des Kreisheimatbundes agiert habe und dieser als Mitgliedsverein des Westfälischen Heimatbundes auch Mitglied in der Landesgemeinschaft
Naturschutz und Umwelt und damit anerkannter Naturschutzverband sei. Die von der CDU angeführte angebliche Angst der Landwirte vor dem möglichen langen Arm einer solchen Biologischen Station sei
von Anfang an genommen worden, weil, anders als in anderen Stationen, hier die Parität zwischen Nutzern und Schützern die ganz große Überschrift gewesen sei. Der Ausstieg der Waldbauern noch vor
der Gründung sei zwar bedauerlich, aber kein Beinbruch. Dario Wolbeck: „Selbst der noch waldreichere Kreis Siegen-Wittgenstein hat eine Biologische Station ohne Beteiligung der Waldbauern. Der
Schwerpunkt des Naturschutzes im Wald liegt in NRW beim Landesbetrieb Wald und Holz, und dem soll eine Biologische Station im Kreis Olpe ja keine Konkurrenz machen.“
Franz-Josef Göddecke: „Nur ist es im Kreis Olpe ja so, dass fast jeder Waldbauer auch Landwirt ist und umgekehrt, und da wäre es eben schön und sinnvoll gewesen, hier die Enden
zusammenzubekommen. Aber selbst, wenn sie bei der Gründung nicht dabeigewesen wären, wäre die Tür ja nicht zu.“
Gerhard Hüttemann hat nur eine Erklärung, warum der Plan auf der Zielgeraden abgelehnt wurde: „Vermutlich, weil es nicht von der CDU kam. Etwas anderes kann ich mir nicht erklären.“
Olpe. Der Kreis Olpe ist der einzige Kreis in Nordrhein-Westfalen, in dem es keine Biologische Station gibt. Und das wird auch so bleiben: Am Montag stoppte die CDUMehrheitsfraktion im Kreistag
die von der Kreisverwaltung vorgeschlagene Gründung eines Trägervereins unter Beteiligung des Kreises.
Nachdem eine solche Ablehnung im zuständigen Fachausschuss bereits avisiert worden war, hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Vorschlag von Landrat Theo Melcher (CDU) aufgegriffen
und in einen Geschäftsordnungsantrag gegossen: Die Entscheidung solle vertagt und in einem halben Jahr erneut auf die Tagesordnung genommen werden, wenn klarer abzusehen sei, welchen Weg
die wirtschaftliche Entwicklung nehmen werde.
Die CDU hatte zum einen angeführt, die jährlichen Kosten von 120.000 Euro, die via Kreisumlage auf die sieben Städte und Gemeinden umgelegt würden, seien in heutigen Zeiten nicht tragbar. Zum
anderen sei die Tatsache ein Ausschlusskriterium, dass der Waldbauernverband nicht mitmache, bestehe doch mehr als die Hälfte des Kreisgebiets aus Wald. Grünen- Fraktionschef Fred Josef Hansen
warb für die Vertagung: Der Blick auf die benachbarten Biologischen Stationen zeige, dass diese deutlich höhere Mittel einwürben, als sie kosten. Landrat Melcher erklärte dazu: „Ich kann nicht
verhehlen, dass ich sehr viele Sympathien für die Idee einer Vertagung hätte.“
Er regte an, die so gewonnene Zeit zu nutzen, um ein umfassendes Symposium durchzuführen und Grundlegendes zu besprechen, „auch vor dem Hintergrund möglicherweise veränderter Finanzierungen“
durch das Land. Wolfgang Hesse, Fraktionschef der CDU, erklärte ohne Umschweife, die Christdemokraten würden den Antrag auf Vertagung ablehnen, was aber kein Nein zu einem solchen Symposium
bedeute. Meinolf Schmidt von der UWG fasste sich kurz. Seine Fraktion sei der gleichen Meinung wie die CDU. „Auch die Zuschüsse, die möglicherweise generiert werden, sind Steuergelder. Daher
lehnen wir es ab.“ Bei der Abstimmung ging es aus, wie nach der Diskussion und Vorgeschichte zu erwarten war: SPD, Grüne und der Abgeordnete der Linken sowie Landrat Melcher stimmten für die
Vertagung, CDU, UWG und AfD votierten mit deutlicher Mehrheit dagegen, die FDP enthielt sich.
In der Diskussion über den Beschlussvorschlag an sich ging es nochmal zur Sache. Hesse erklärte, die designierte Ablehnung seiner CDU sei „durchaus historisch, die CDU-Fraktion hat, solange ich
mich erinnern kann, noch nie gegen eine Vorlage des Landrats gestimmt“. Doch er glaube nicht, dass ein halbes Jahr Wartezeit für mehr Klarheit sorgen würde. „Wir werden bei der Haushaltsdebatte
noch sehr viel über Posten reden müssen, denen wir nicht zustimmen können.“ Hansen habe offensichtlich mit einigen Waldbauern gesprochen – „wir haben mit einigen Landwirten gesprochen, von denen
wir Mitglieder in der Fraktion haben, und unsere drei positionieren sich klar dagegen. Wir leugnen nicht den selbstverschuldeten Klimawandel, aber eine Biologische Station ist kein probates
Mittel dagegen, so schwer es mir fällt, gegen einen Antrag des Landrats zu stimmen“.
Bernd Banschkus von der SPD hielt ein langes Plädoyer für eine Biologische Station und betonte, dass in der Beschlussvorlage sage und schreibe 35 Punkte aufgeführt würden, die sämtlich für eine
Biologische Station sprächen. Anita Jung von den Grünen wandte sich an Hesse: Auch wenn es drei Landwirte in der CDU gebe, die die Biostation nicht wollten, habe der Landwirtschaftliche
Kreisverband sich dafür ausgesprochen. Zudem erlebe sie als Umweltpädagogin vermehrt „Kinder, die im 3. Schuljahr noch nicht im Wald waren“. Der Bereich Umweltbildung könne nicht besser als durch
eine Biologische Station abgedeckt werden.
Annette Stuff von der CDU ist eine der drei von Hesse angeführten Vertreter der Landwirtschaft in der CDU. Sie betonte, auch ohne Biologische Station gebe es, etwa durch das
Kulturlandschaftsprogramm (Kulap), schon jetzt jede Menge an Förderungen, „die auf wissenschaftlicher Basis laufen und funktionieren. Eine Biologische Station brauchen wir nicht.“ Sie sei bei der
Abstimmung im Landwirtschaftlichen Kreisverband dabei gewesen: „Es wurde nicht darüber abgestimmt, ob sie eine Biologische Station wollen oder nicht, sondern ob sie daran teilnehmen wollen, wenn
eine kommt. Die Landwirte sind nie für die Biologische Station und wollen inzwischen auch überhaupt nicht mehr in das Boot hinein.“ Das bekräftigte ihr Fraktionskollege Hendrik Sommerhoff: „Ich
kenne keinen Landwirt, der mir gesagt hat: Ja, ich will eine Biologische Station, kümmere dich darum.“ Robert Kirchner-Quehl von der SPD fragte irritiert zurück: „Ich habe richtig verstanden,
dass die Entscheidung für den Beitritt zu einer Biologischen Station als Ablehnung verstanden werden muss?“ Die Abstimmung fiel genauso aus wie die zur Vertagung. CDU, UWG und AfD lehnten die
Beschlussvorlage mit deutlicher Mehrheit gegen die bislang einzigartige Koalition aus SPD, Grünen, Linken und CDULandrat Melcher bei Enthaltung der FDP ab.
Hier der Kommentar von Jörg Winkel:
Gründe bleiben verborgen. Selten ergreifen Zuhörer die Chance, im Kreistag Fragen zu Tagesordnungspunkten zu stellen. Am Montag war ein solcher Tag: Vertreter der Naturschutzverbände
nutzten ihre Chance, um in Erfahrung zu bringen, warum denn nun tatsächlich die Biologische Station erneut in die Tonne getreten wurde. Dr. Matthias Klein stellte eine Frage, auf die er nicht
wirklich eine Antwort erwartete: „Ich würde gern die wahren Gründe wissen, warum die CDU ablehnt.“ Und in der Tat ist es nicht wirklich glaubwürdig, dass 120.000 Euro im Jahr, aufgeteilt auf
sieben Kommunen, der ausschlaggebende Grund sind, zumal der Kreis selbst dargelegt hat, dass die Biologische Station deutlich mehr Geld einbringen als kosten würde. Um es in Relation zu setzen:
Das Gefahrenabwehrzentrum kostet über 30 Millionen Euro – und da hat die CDU nicht bei den Kommunen um Erlaubnis gefragt, sondern haben ihrem Landrat geglaubt. Was auch gesagt werden muss:
Natürlich zahlen die Bürger schon lange Geld für Biologische Stationen, aber ohne etwas davon zu haben. Denn ihre Steuern finanzieren die Einrichtungen, die von den Fachbehörden des Kreises
ausdrücklich gewünscht sind, in anderen Kreisen mit. Übrigens schreibt die Verwaltung in der Beschlussvorlage deutlich, dass die Biologische Station Aufgaben erledigen würde, die ansonsten die
Verwaltung erledigen muss – aber ohne Landesgeld.
Kreis Olpe. Es ist ein Vorgang mit Seltenheits-Garantie, wenn die CDU im Olper Kreistag sich gegen eine Beschlussvorlage „ihrer“ Kreisverwaltung wendet. Doch das seit über 20 Jahren strittige
Thema Biologische Station hat genau das im Kreisausschuss hervorgerufen. Nachdem durch einen Vorstoß von BUND und NABU, unterstützt vom Kreisheimatbund, das Thema nach jahrelangen Versuchen
erstmals mit Erfolgsaussichten ins Gleis gestellt worden war, folgt nun die Kehrtwende.
Bevor es in die Diskussion ging, berichtete Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum, nach dem Rückzug der Waldbauern aus der Beteiligung an einer Biologischen Station (wir berichteten) habe den Kreis
ein gemeinsames Schreiben von BUND, NABU und dem Landwirtschaftlichen Kreisverband erreicht, in dem diese betonten, auch ohne die Waldbauern eine Biologische Station gründen zu wollen. Weiterhin
sei die ebenfalls im Kreis-Umweltausschuss angesprochene Diskussion mit den Kommunen erfolgt: Die Bürgermeister hätten „angesichts der herausfordernden Haushaltslage die einvernehmliche Bitte an
uns herangetragen, vor dem erwarteten Rekord-Haushalt von der Einrichtung einer Biologischen Station abzusehen“. Es geht um 120.000 Euro, die der Kreis jährlich als Zuschuss leisten müsste, den
Rest der Kosten trägt das Land. Dr. Franz Lenze erklärte für die CDU: „Wir werden den Beschluss nicht mittragen.“ Wesentliche Gründe seien das Ausscheren der Waldbauern und die Bitte der
Bürgermeister. Bernd Banschkus von der SPD ging auf Angriffskurs: „Ich sage Ihnen: Die Zeit war schon vor 23 Jahren reif.“ Im Jahr 2000 habe die SPD erstmals den Antrag zur Gründung einer
Bio-Station gestellt, „was hätten wir an Landesförderungen generieren können?“ Doch CDU-Fraktionschef Wolfgang Hesse konterte, die Unterscheidung zwischen Nutzern und Schützern sei längst nicht
mehr aktuell, Landwirte seien nicht nur Nutzer, sondern auch Schützer der Umwelt. „Wenn jetzt sogar die Kommunen einstimmig nicht wollen, können wir das nicht machen.“ Weiterhin griff er, ohne
ihren Namen zu nennen, die ehemalige Vorsitzende des Kreisheimatbundes, Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, an: Aus Sicht der CDU-Fraktion war es nicht zweckdienlich, dass eine ehemalige
Funktionsträgerin des Kreisheimatbundes das zu ihrer persönlichen Angelegenheit gemacht hat.“
Fred Hansen von den Grünen kündigte daraufhin an, seine Partei werde die bisher geübte Zurückhaltung in Sachen Bio-Station nun aufgeben und massiv in den Kampf dafür eintreten. „Wir hatten sehr
große Hoffnungen gesetzt und uns als Partei bewusst zurückgehalten, weil es erstmals nicht politisch, sondern rein fachlich-sachlich getragen war.“ Der Schritt von Waldbauern nd CDU sei falsch:
„Viele Landwirte haben aufgrund des Klimawandels massive Probleme, und sie könnten Mittel über die Biologische Station einwerben und damit dem ganzen Kreis Vorteile bringen.“ Meinolf Schmidt von
der UWG attackierte die Grünen: Hansens Angabe im Umweltausschuss, die Waldbauern seien an anderen Biologischen Stationen ebenfalls nicht beteiligt, seien falsch. „Wir haben bei sieben zu zählen
aufgehört.“ Der Kreis müsse endlich aufhören, immer neue Projekte zu starten: „Es ist kein Geld mehr da, wir müssen uns auf das Notwendigste beschränken, und das nicht nur hier, sondern in vielen
anderen Punkten auch.“
Rainer Uta von der AfD ging ebenfalls die Grünen an: „Ich finde es sehr seltsam, wenn sich die Partei, die die Wälder mit Windkraft zupflastert, für eine Biologische Station starkmacht. Das ist
ein umweltpolitisches Feigenblatt vor riesiger Landschaftszerstörung.“
Hesse griff Hansens Kritik auf: Dieser habe „ja teilweise recht. Die Kosten des Klimawandels werden immens sein, aber ob wir die durch eine Biologische Station auffangen können, wage ich zu
bezweifeln“. Vielmehr sei eine solche Einrichtung auch ideologisch gesteuert. „Das ist auch eine Jobmaschine für grün angehauchte Stellenbewerber.“ Landrat enttäuscht Ungewohnt kritische Worte zu
einem kommunalpolitischen Vorgang gab es zum Ende der Debatte vom Landrat. Theo Melcher: „Wir waren noch nie so weit wie jetzt, dass sich Landnutzer und -schützer so angenähert haben.“ Eine
Biologische Station schaffe zusätzliche Einkommensmöglichkeiten, „insbesondere für extensiv wirtschaftende Betriebe“. Seine Verwaltung habe sich aus fachlicher Sicht klar für die Bio-Station
ausgesprochen. Aber bei allen Überlegungen sei er davon ausgegangen, dass ein breiter Konsens zur Bildung der Station bestehe. „Ich bedauere, dass er nicht da ist, aber der Waldbauernverband hat
sich nun mal verabschiedet.“ Er appellierte: „Wir sollten den endgültigen Ausstieg nicht übers Knie brechen, es kommt auf ein Jahr mehr oder weniger nicht an.“ Genau das hätten
Naturschutzverbände und Kreisheimatbund nach der Berichterstattung über den Umwelt- und Strukturausschuss auch angeregt. „Sie bitten, die Entscheidung auf 2024 zu verschieben, wenn die
finanziellen Rahmenbedingungen klarer sind. Das wäre auch mein Appell. Es wäre klug, hier nochmal innezuhalten.“
Ob dies gelingt, wird sich im Kreistag zeigen, der am 11. Dezember tagt und final über das Thema abstimmt. Im Kreisausschuss stimmten fünf Grüne und Sozialdemokraten für den Vorschlag der
Kreisverwaltung, CDU und die übrigen Fraktionen hielten mit neun Stimmen dagegen. Landrat Melcher enthielt sich bezüglich seiner praktisch eigenen Vorlage.