Die Schwimmvogelzählung (Wasservogelzählung) im Kreis Olpe
In Deutschland werden seit den 1940er-Jahren Wasservögel gezählt. Zunächst haben dies Einzelne oder Gruppen von Ornithologen für sich getan. Systematisch zusammengeführt wurden die Zählungen im Winter 1966/67, so daß seitdem von einer „internationalen Wasservogelzählung“ in Westeuropa gesprochen werden kann.
Im Kreis Olpe beteiligt sich eine Gruppe von Ornithologen seit dem Winter 1987/88 an diesen Zählungen. Mitte der 90er-Jahre wurde zweimal nicht gezählt, aus allen anderen Jahren liegen jedoch Datenreihen vor, so daß wir inzwischen auf einen Zeitraum von 37 Jahren zurückschauen können.
Bei der Wasservogelzählung wird in jeder Wintersaison von September bis April jeweils einmal gezählt, und zwar in der Monatsmitte. An diesem Tag werden möglichst immer in derselben zeitlichen Reihenfolge die Gebiete angefahren und die Schwimmvögel gezählt. Im Laufe der Jahre ergeben sich Änderungen in der Gebietsstruktur, wenn beispielsweise neue Kläranlagen mit ihren Schönungsteichen hinzukommen oder wegfallen.
Im Kreis Olpe wird auf folgenden Flächen gezählt:
- Listertalsperre, seit 1987
- Biggetalsperre, inklusive aller anderen Vorstaubecken, seit 1987
- „kleine Gewässer“, diese umfassen einige Gewässer im nördlichen Kreis Olpe, seit 1987:
--- den Stausee Ahausen
--- Obergraben und aufgestaute Lenne in Finnentrop/Frielentrop
--- Obergraben und aufgestaute Lenne in Grevenbrück/Borghausen
--- die Kläranlagen in Lenhausen und Borghausen
--- die Speicherbecken des Pumpspeicherwerks Glinge
- die Kläranlage Wenden, von 2000 bis 2008, dann wurden die Teiche rückgebaut
- die Kläranlage Biggetal, seit 2001
- die Kläranlage Lennestadt, seit 2000
Die Listertalsperre ist seit dem Aufstau der Biggetalsperre „nur noch ein Vorstaubecken“. Für die Schwimmvögel ist dies von großer Bedeutung, da dies einen relativ gleichbleibenden Wasserstand zur Folge hat. Die Vorstaubecken, außer der Lister sind dies das großen Vorstaubecken Olpe/Eichhagen und drei weitere kleine Bereiche, bieten den ganzen Winter über gleichbleibende Bedingungen. Wasserpflanzen wachsen in den Uferbereichen, überhängende Bäume und Büsche bieten Schutz oder Sitzgelegenheiten, Schlammflächen entstehen an bestimmten Stellen. Bei starkem Frost frieren diese Bereiche jedoch auch zuerst zu.
Das Hauptstaubecken der Biggetalsperre hat einen stark schwankenden Wasserstand, da die Talsperre in erster Linie der Wasserstandsregulierung der Ruhr dient. Hier halten sich im Winter Vögel auf, die Fisch fressen, oder solche, die die umliegenden Uferbereiche zur Nahrungssuche nutzen. Wasserpflanzen gibt es wenige, Wenn die steinigen Uferbereiche im Herbst länger trockenfallen, entwickelt sich eine dort jedoch eine reiche krautige Vegetation, die botanisch hochinteressant und für Pflanzenfresser (Gänse vor allem) wohl auch sehr schmackhaft ist.
Unter den „kleinen Gewässern“ sticht der Stausee Ahausen heraus. Im Sommer ist er für die meisten Wasservögel nur wenig interessant, stark schwankende Wasserstände und vielleicht auch durch den erheblichen Freizeitdruck durch Angler. Im Winter finden sich hier große Ansammlungen von Wasservögeln.
Sehr bedeutsam für Wasservögel sind inzwischen auch einige der Kläranlagen im Kreisgebiet, diejenigen, die Schönungsteiche haben. Momentan am wichtigsten sind die Kläranlagen in Heggen (Biggetal) und Maumke (Lennestadt). Lenhausen und Borghausen sind weniger bedeutsam, sie sind kleiner und besser einsehbar, die Vögel werden mehr gestört. Die Teiche der Kläranlage in Gerlingen wurden gerne von Vögeln genutzt, nach Umbau der Kläranlage aber zurückgebaut.
Die Stockente ist der mit Abstand häufigste Schwimmvogel im Kreis Olpe.
Sie kommt auf allen Gewässern vor, im Winter bilden sich oft große Ansammlungen auf der Listertalsperre, auf den Vorstaubecken der Biggetalsperre oder auch einzelnen Kläranlagen. Die größeren Trupps halten sich fast immer in den Uferbereichen auf, wo die Gründelenten gut Nahrung finden.
Im Laufe der Jahre werden bevorzugte Orte von den Tieren genutzt oder auch wieder aufgegeben. Als der Hachener Schlammteich noch in Betrieb war, hielten sich dort regelmässig nachmittags um die 100 Stockenten auf. Genauso eine zeitlang am Unterbecken des Pumpspeicherwerks Glinge. Heute sind dort machmal einzelne Tiere.
Im Frühjahr verteilen sich die Stockenten wieder in der Fläche des Kreises Olpe zur Nahrungssuche und Brut.
Dies sieht man hier in der Grafik sehr schön. Im Dezember und Januar erfassen wir noch sehr viele Tiere, danach nimmt das deutlich ab.
Die Krickente ist die kleinste Ente im Kreis Olpe. Sie kommt im Winter regelmäßig vor, wenn auch nicht häufig. Die Teiche der Klärnlage Wenden in Gerlingen waren ein sehr wichtiges Gebiet, seit dem Umbau der Kläranlage gibt es dort jedoch keine Teiche mehr.
Heute sind im Winter regelmässig Krickenten auf den Teichen der Kläranlage Biggetal und im Bereich Rosenthal auf dem Olper Vorstaubecken.
Kleinere Anzahlen sehen wir öfter im Bereich Hunswinkel auf der Lister, oder auch am Stausee Ahausen.
Nur zur eigentlichen Brutzeit im Sommer haben wir noch nie Krickenten im Kreis beobachten können. Die Tiere sind zur Brut sehr heimlich, aber dennoch denken wir, daß man sie irgendwann einmal
"erwischen" müsste, wenn sie denn brüten.
Falls Sie also irgendwann einmal eine Krickente mit Jungen sehen, geben Sie bitte sofort Bescheid.
Die Reiherente ist eine kleine Tauchente, die im Kreis Olpe relativ häufig ist. Früher kam sie im Winter fast nur auf den "kleinen Gewässern" vor, vor allem auf dem Stausee Ahausen. Inzwischen sind auch die Listertalsperre und der Bereich Olpe des großen Vorstaubeckens wichtig, sowie die Kläranlagen Biggetal und Lennestadt.
Reiherenten brüten auch seit den 80er Jahren im Kreisgebiet, nach unserem Empfinden allerdings in abnehmender Zahl. Vielleicht erklärt dies auch die zurückgehenden Winterbestände.
Bei Reiherenten sehen wir auch einen klaren jahreszeitlichen Verlauf. Mitten im Winter kommen viele Vögel zum Überwintern zu uns. Bei der Reiherente wird es sich aber sicherlich nicht nur um eine Verteilung in die Fläche handeln, wie bei der Stockente vermutet, hier kommen wirklich nordische Vögel als Wintergast.
Die Tafelente war einmal eine häufige Tauchente, die im Kreis Olpe überwintert hat. Es waren immer weniger als bei den Reiherenten, sie waren jedoch regelmässig in großer Anzahl vertreten.
Inzwischen sind die Tafelenten im Winter Ausnahmeerscheinungen. Dieser Rückgang betrifft ganz Westeuropa, wobei die Gründe nicht recht klar sind.
Bruten der Tafelente gab es im Kreis Olpe vereinzelt in den letzten Jahren, immer ein oder zwei Weibchen auf der Kläranlage in Lenhausen.
Schellenten sind im Kreis Olpe typische Wintergäste. Zu Beginn des Winters kommen die Tiere aus dem Norden, im April sind sie fast immer alle wieder weg. Schellenten sind, wie die Gänsesäger, Höhlenbrüter, oft brüten sie hoch im Baum in alten Spechthöhlen. Bisweilen müssen die Jungtiere als Nestflüchter dann große Entfernungen bis zum näcsten Gewässer überwinden.
Die knarrenden Balzrufe der Schellente im Frühjahr sind charakteristisch und "wild".
In den letzten Jahren kann man sie am ehesten auf dem Stausee Ahausen beobachten.
Die Winterbestände der Haubentaucher waren in den 80er Jahren noch sehr gering, damals haben die Tiere auch noch nicht im Kreisgebiet gebrütet. Nach einem Maximum in den 00er-Jahren sind die Bestände inzwischen wieder etwas zurückgegangen.
Haubentaucher sind im Herbst und Frühjahr auf den Talsperren verteilt, vor allem in Bereichen, die Büsche im Uferbereich haben, also auf den Vorstaubecken inklusive der Lister. Dort brüten sie auch im Sommer. Auf den offenen Flächen des Hauptstaubeckens halten sie sich eher im Winter auf.
Zwergtaucher sind die kleinsten sogenannten Lappentaucher. Früher waren sie reine Wintergäste, seit einigen
Jahren brüten sie auch im Kreis Olpe. Dies spiegelt sich auch in den Winterzahlen wieder. Anders als beim Haubentaucher spielen die großen Wasserflächen der Biggetalsperre für diese Art keine
große Rolle, Zwergtaucher sitzen gerne im Uferbereich von Gewässern, wenn dort Büsche überhängen oder Pflanzen direkt am Ufer wachsen.
Man kann sie nicht nur auf den Stillgewässern finden, auch auf jedem größeren Fließgewässer.
Ein Neubürger im Kreisgebiet ist die Kanadagans. In den 00er-Jahren konnten wir lange eine kleine Gruppe der Gänse beobachten, die wohl aus einer Haltung entkommen war. Irgendwann haben die Tiere angefangen, zu brüten und danach sind die Zahlen regelrecht explodiert. Bei den Zählungen im Winter halten sich die Tiere massiert an den Talsperren auf, im Sommer verteilen sich sich weit in der Fläche zur Brut. Gänsezahlen sind immer mit einem gewissen Fehler behaftet, da die Tiere zur Nahrungssuche auch weit ins Umland fliegen.
Nilgänse sind die zweiten Neubürger im Kreisgebiet. Lange waren sie überhaupt nicht vertreten, nach einer Übergangszeit haben auch die Nilgänse angefangen, zu brüten und auch hier sind die Zahlen regelrecht explodiert.
Nilgänse sind wirklich überall anzutreffen, sie sitzen auf Wiesen und Weiden, oben auf Brückenpfeilern, auf Hausdächern, ... Sie brüten zu fast allen Jahreszeiten, am Boden, in Nischen an Gebäuden, in alten Bussardhorsten hoch oben im Baum. Sehr anpassungsfähige Tiere, die aus dem Kreis Olpe nicht mehr wegzudenken sind.
Bei den Nilganszahlen beobachten wir einen besonderen Effekt:
Nach Etablierung der Art ist bis zur Saison 2016/17 eine stetige Zunahme der Zahlen zu beobachten, die im Verlauf des jeweiligen Jahres nie über etwa 40 Vögel pro Zähltag geht und im Lauf des Winters etwas abnimmt.
Seit der Saison 2017/18 steigen die Herbstzahlen deutlich an, teilweise auf das Vierfache der vorherigen Werte. Im Laufe des Winters brechen diese dann jedoch erneut ein, bis sie sich wieder bei 50-55 Tieren einpendeln. Wo bleiben die übrigen Tiere?
Kormorane ware in den 80er Jahren im Kreis Olpe noch absolute Ausnahmeerscheinungen. Kurz vor der Jahrtausendwende haben sie sich zunehmend das Binnenland erobert und sind seitdem auch regelmässig im Kreisgebiet anzutreffen. Seit einigen Jahren gibt es auch eine kleine Brutkolonie an der Biggetalsperre.
Zur Nahrungssuche fliegen sie weit umher, auch an die Fließgewässer. Sehr beeindruckend sind die Schwarmjagden an den Talsperren, wenn dann viele Kormorane gemeinsam jagen scheint das Wasser zu brodeln.
Höckerschwäne sind die größten Schwimmvögel im Kreis Olpe. Nach der Jahrtausendwende haben die Bestände im Winter stark zugenommen. Vor allem auf der Listertalsperre hielten sich größere Anzahlen auf. Wie die Bleßrallen haben sie von der Wasserpest und dem dadurch großzügigen Nahrungsangebot profitiert.
In den letzten Jahren sind die Zahlen wieder rückläufig, auch beim Bruterfolg sehen wir einen starken Einbruch. Kaum ein Schwanenpaar hat überhaupt noch Junge, und die wenigen werden auch nur selten erwachsen. Woran das liegt, wissen wir nicht. In einigen Bereichen eventuell an den in der Nähe brütenden Kanadagänsen, dort "verteidigen" die Schwäne die Nester dermaßen aggresiv gegen die Gänse, daß kaum Zeit zum Brüten bleibt.
Gänsesäger sind im Kreis Olpe typische Wintergäste. Sie kommen zu Beginn des Winters und bleiben dann, solange es kalt ist. Als Fischfresser jagen sie gerne auf den größeren Fließgewässern und auch auf den Vorstaubecken der Biggetalsperre. Die Männchen sind sehr auffällig, sie "leuchten" auch noch im Dunkeln.
Vereinzelt gab es in den letzten Jahren Bruten in NRW. Wir sind gespannt, ob es demnächst auch einmal eine Brut im Kreis Olpe gibt.
Bläßhühner (Bleßrallen) sind häufige Wasservögel, die auch an mehreren Stellen im Kreis Olpe brüten.
Im Winter waren einige Jahre lang große Ansammlungen auf der Listertalsperre zu beobachten. Wir denken, daß dies an der damals reichlich wachsenden Wasserpest gelegen hat, die große Mengen an Nahrung für die Rallen geboten hat. In den letzten Jahren ist das Angebot deutlich geringer, somit auch die Winterbestände.
Teichhuhn oder Teichralle ist eine heimlich lebende Vogelart, die man im Kreis Olpe an verschiedenen Stellen finden kann, wenn man Glück hat.
In Großstädten laufen einem Teichrallen im Park gleichsam über die Füße, im Keis Olpe sind sie heimlich. Die Tiere leben an den Kläranlagen oder an den Ufern der Vorstaubecken. Auch an den Fließgewässern kann man sie beobachten, dort erfassen wir sie jedoch nicht während der Wasservogelzählung.
Graureiher waren immer schon im Kreis Olpe bei den Wasservogelzählungen anzutreffen. Gezählt haben wir sie jedoch erst seit dem Herbst 2001, daher beginnen die Datenreihen erst dort.
Graureiher jagen oft auch auf Wiesen und Weiden, so daß die Zahlen nicht viel über die tatsächliche Zahl der Tiere im Kreisgebiet aussagt.